Hier wartet zunächst die Taschenkontrolle.  Man nimmt es gelassen hin, auch das flüchtige Abtasten  mit dem Bodyscanner. Anschließend können zu drei Euro weinrote Sitzkissen gekauft werden, und man darf sich Minikerzen aus einem gro0en Korb nehmen. Dann erst beginnt der Aufstieg hinauf zur Ala. Immer höher werden die Stufen, immer rascher füllen sich die Reihen. Ich blicke auf die Bühne tief unter mir mit dem grandiosen Bühnenbild: Detailgetreu nachgebildet wurden der Palast des Herzogs von Mantua wie auch die Fresken aus den Sälen des Palazzo Te, die Landschaftsgärten zeigen, in denen Nymphen, Götter und Göttinnen an Tischen und auf Sesseln lagern. Über ihnen schweben fröhliche Putten. „Cola, birra, vino, tonica“ rufen Getränkeverkäufer entlang der Reihen. Aber es gibt auch Eis. Und auch Programme…
Die Oper „Rigoletto“ sehe ich nicht zum ersten Mal. Zuletzt besuchte ich eine unvergessliche Aufführung in Rom in den Caracalla-Thermen. Heute also in Verona.
„Birra, vino, cola, aqua“ – die Reihenfolge hat sich geändert.


Die Musiker nehmen ihre Plätze ein. „Meine Damen und Herren, wir bitten Sie, Ihre Handys auf lautlos zu stellen“.  Nach dieser Durchsage werden die Namen der Künstler genannt. Plötzlicher Applaus, denn der Dirigent eilt zu seinem Pult. Die kleinen Kerzen werden angezündet, vereinzelt nur. Stille setzt ein. Hoch oben über der Arena lauscht auch der volle Mond der Ouvertüre.Die Inszenierung von Ivo Guerra ist traditionell angelegt. Barocke Pracht vermittelt das Fest im ersten Akt mit Sängern in prunkvollen  Kostümen. Meergrüne Sirenen und Tritonen gleiten entlang der Bühne. Applaus nach jeder Arie, noch während der letzten verklingenden Töne wie bei „Bella figlia dell’ amore“, „Caro nome“ oder, natürlich, nach „La donna è mobile“. Sehr beeindruckend sind die Baritonstimme und das schauspielerische Talent von Amartuvshin Enkhbat als Rigoletto. In dieser Rolle gibt der 31-jährige Mongole sein Debut in der Arena von Verona.


Düsternis vermittelt der dritte Akt, als Rigoletto seine Tochter Gilda in einem Kahn auf dem Fluss Mincio, aus dem Nebelschwaden aufsteigen, zu Sparafuciles Locanda bringt.
Schließlich begeisterter Applaus und Bravorufe. Und unerwartet rasch leert sich die Arena.Im sommerlich warmen Verona bummeln die Theaterbesucher nun über die hell erleuchtete Piazza Brà, oder in der Via Mazzini oder auf der Piazza delle Erbe, wo sie in den Bars und Cafés Wein oder Aperol trinken. Das Licht der Straßenlaternen überzieht Paläste und Kirchen mit  mildem Schein. Ruhig und gelassen fließt die dunkle Etsch unter den Brücken, unberührt von jedem Spektakel.
                                                                                      

Text und Fotos Ulrike Rauh  Juli 2017